Zielgerichtet

Philipp sitzt auf der Schwelle der Küchentür. Mit seinen 11 Monaten ist er bereit, die Welt zu erobern und gerade jetzt ist sein Ziel die Küche, wo es so wundervolle Dinge gibt wie Mülleimer und Schubladen mit spannendem Inhalt. Er schaut sich um, zu Mama, zu Papa, zu Oma - niemand scheint ihn zu beachten und so robbt er weiter in die Küche in Richtung seiner Wunschobjekte - der Mülleimer ist nicht mehr weit. Da ruft Mama plötzlich: „Philipp, nein!“ Er hält inne, schaut etwas verlegen vor  sich hin und verschränkt seine Händchen. Ganz langsam schaut er von unten hoch - alle sind wieder abgelenkt. Gute Gelegenheit, um weiter in Richtung Mülleimer zu starten. Da kommt der laute Ruf des Vaters: „Philipp, nein!“ Jetzt schauen alle auf ihn. Seine Mundwinkel zucken. Aber nein, er will nicht weinen. Er will zum Mülleimer! Philipp legt den Kopf schief und lächelt. Das Lächeln eines kleinen Kindes ist umwerfend. Ob er das weiß? Und während er lächelt, rutscht er ganz langsam weiter in seine Zielrichtung. Er fixiert die Blicke von Mama und Papa. Die sagen beide zugleich: „Philipp, nein!“

Philipp wird klar, dass die Übermacht zu groß ist. Er versucht es anders. Er weint laut, jämmerlich, wütend! Wie kann man so gemein sein und ihn in seinem Taten- und Erfahrungsdrang einschränken. Jetzt sollen sie ihn mal trösten!

Das tun sie dann auch - beide, Mama und Papa und er hat sie damit erst mal beschäftigt.

Als seine Tränen versiegt sind, sein Protest verstummt ist, die Eltern ihrer Pflicht des Tröstens nachgekommen sind und sich wieder anderen Dingen zuwenden, schleicht sich Philipp wieder auf allen Vieren, allerdings mit einem Umweg, der nicht so offensichtlich sein Ziel erkennen lässt, auf die Küchentür zu.

Da klingelt es. Papa geht zur Tür, Mama folgt ihm mit ihrer Aufmerksamkeit. Das ist die Gelegenheit! So schnell er kann - auf den Knien und mit den Händen - robbt er in die Küche und da zum Mülleimer. Er zieht sich daran hoch und - -  jubiliert!