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Gedanken

  • gabrieleheyne
  • 30. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit
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Die Welt dreht sich gefühlt schneller und ich bin langsamer geworden. Das passt nicht zusammen. Ich versuche Anschluss zu halten, beobachte die Jugendlichen und höre ihnen zu. Aber sie sprechen eine andere Sprache und damit sind nicht nur die Einflüsse der englischen Sprache gemeint, die ich oft auch nicht verstehe.

Ich bin 80 geworden. Jeder Zehnerschritt im Leben ist bedeutungsvoll. Die 80 ganz besonders.

Jetzt sollte ich wirklich voller Weisheit im Lehnstuhl sitzen, um in Dankbarkeit die alten Tage zu genießen. Aber leider ist das mit der Weisheit so eine Sache, sie stellt sich nicht von selbst ein, einfach so, weil man alt ist.

Und die Dankbarkeit hält sich auch in Grenzen, für all die, deren Rente knapp ist und deren Körper fast täglich geplagt ist von Schmerzen, Alterserscheinungen, Verschleißerscheinungen und Schwäche.

Und genießen? All die Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, schränken auch das Genießen ein.

Und wer dann noch Menschen verliert, zu denen eine tiefe Verbundenheit bestand und wenn die Trauer der tägliche Begleiter ist, dann braucht es viel Kraft, um darin Weisheit und Dankbarkeit zu finden.

Es ist eine gut gemeinte Anregung, wenn es heißt, dass ich dankbar sein sollte, für das was ich gehabt habe und nicht traurig, über das, was ich verloren oder vielleicht versäumt habe. Aber es ist ein schwieriger Prozess, dahin zu kommen, so fühlen zu können.

 

Ich fühle mich nicht mehr in der Gemeinschaft, suche Kontakte, die mich beleben, die mir Energie geben. Die finde ich bei den „Jungen“, nehme in deren Gegenwart das sprühende Leben wie ein Elixier auf - gleichzeitig fühle ich mich nicht mehr wirklich dazugehörig.

Ich frage mich, ob es meinen Eltern oder gar Großeltern genauso ergangen ist.

In meinem Pavillon im Garten steht ein alter Sekretär aus Urgroßvaters Zeiten. Der könnte mir vieles erzählen.

Dieses Möbelstück hat mich über viele Jahre bei meinen vielen Umzügen begleitet. Es ist schön, etwas zu haben, das vertraut ist und das ich gerne anschaue.

 

Aber wenn schon nicht mit Weisheit im Lehnstuhl, so sitze ich doch gern in dem alten gemusterten Sessel in meinem Pavillon und lasse all die Erinnerungen aus einem langen und bewegten Leben an mir vorbeiziehen. Manche Erinnerung halte ich an, gebe ihr Raum, betrachte sie mit Abstand und schreibe sie auf. Und vielleicht bewirken all die Erinnerungen an Lebenssituationen und Entscheidungen am Ende doch ein wenig Weisheit. Zumindest die Weisheit darüber, was ich alles gut gemacht habe oder was ich vielleicht hätte besser machen können.

 

 

 

 

 

 

 


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